Lithium-Batterien: die Luftfahrt-Gefahr des 21. Jahrhunderts. Sie stecken in Laptops, Smartphones, digitalen Kameras, elektrischen Geräten und Flugzeugen, aber warum stellen sie eine derartig große Gefahr dar?
Es sollte ein 6h 20min Flug sein, von Dubai nach Köln/Bonn. Die B747-400F war aus Hongkong gekommen, hatte in Dubai aufgetankt und rollte anschließend zum Start. UPS Flug 006 hob ab und stieg auf Reiseflughöhe. 28 Minuten nach dem Start ertönte plötzlich der Feueralarm: Rauch auf dem Kabinendeck. Während des restlichen Fluges kam die Feuerwarnung noch zwei Mal an. Der Rauch war so dick, dass die Piloten die primären Anzeigeinstrumente kaum sehen konnten. Auch der Wechsel der Funkfrequenzen war nicht möglich, so dass andere Flugzeuge in der Nähe als Relais-Station dienten. Die Besatzungen in den anderen Maschinen erlebten hautnah die Tragödie, hörten die Panik und Angst in den Funksprüchen.
Dubai Flughafen erteilte die Landegenehmigung für alle verfügbaren Landebahnen: die 747 überflog den Flughafen in 4000 Fuß Höhe, kurvte nach rechts und stürzte ab. Beide Piloten starben entweder bei dem Absturz oder lebten bereits vorher nicht mehr, durch die Einwirkung des Rauchs und der Hitze. Das Flugzeug schlug glücklicherweise in einem menschenleeren Gebiet auf und niemand am Boden wurde verletzt.
Einen Monat nach dem Absturz veröffentlichte die FAA (Federal Aviation Administration) die Sicherheitswarnung (Safety Alert) Nr. 10017: Das Risiko des Transports von Lithium-Batterien. An Bord der UPS B747 hatten sich große Mengen an Lithium-Batterien befunden. Jährlich werden über 100 Mill. Lithium-Batterien mit dem Flugzeug befördert, entweder im Gepäck der Passagiere oder als Fracht.
Lithium-Batterien sind sowohl eine ideale Ware als auch ein großes Risiko für die Luftfracht. Sie sind klein, wertvoll und relativ kurzlebig, also ein klassisches Produkt für die Luftbeförderung. Für den Transport werden die Batterien teilweise aufgeladen, und da sie sich mit der Zeit entladen, werden sie nicht mit Schiffen versandt oder in Lagerhäusern bereitgehalten. Ein ideales "Just-in-time" Produkt. Zwischenfälle mit Batterien hat es häufig gegeben: nach Angaben der FAA traten zwischen Februar 2007 und September 2010 34 Zwischenfälle auf. In einem weiteren FAA-Bericht werden 110 Zwischenfälle in den Jahren 1991 bis 2010 aufgeführt, mit den Ursachen Rauch, Feuer, starke Hitzeentwicklung oder Explosionen an Bord. So explodierte eine Taschenlampe mit Lithium-Batterien im Kartenkoffer eines Piloten im Cockpit. An den Zwischenfällen waren nicht nur Lithium-Batterien, sondern auch Bleiakkus beteiligt. Wenn diese Akkus überladen (overcharged) werden, wird Wasserstoff und Sauerstoff frei, allgemein als Knallgas bekannt.
Die Feuergefahr durch Lithium-Batterien nahm zwischen 2006 und 2009 zu, weil Dell, Sony, Toshiba und Hewlett Packard Laptops zurückrufen mussten, wegen möglicher Überhitzung oder Brandgefahr. Lithium-Batterien sind deshalb für die Industrie interessant, weil die Energiedichte so hoch ist: bei Lithium-Batterien beträgt die Energiedichte 150 Wattstunden pro kg, Nickel-Cadmium Batterien bringen es auf 100 Wattstunden pro kg und Bleiakkus kommen auf 25 Wattstunden pro kg. Auch Lithium-Ionen und Lithium-Polymer-Batterien können explodieren oder Feuer fangen, wenn sie überladen (overcharged) werden. Bei Ersatzbatterien sollten die Pole abgedeckt sein, um einen möglichen Kurzschluss zu verhindern, wenn sie in der Kabine transportiert werden. Ein Problem bleibt weiterhin bestehen, wenn viele Lithium-Batterien im Frachtraum befördert werden. Die FAA hat festgestellt, dass Lithium-Batterien einen Zustand des "thermischen runaways", mit Temperaturen bis 600° Celsius, erreichen können. Batterien auf Lithium-Metall-Basis erzeugen dabei schwerere "Thermal-runaways" als wiederaufladbare Lithium-Ionen Zellen.
Die FAA hat 4 Empfehlungen herausgegeben:
1) Die Kunden sollen die Menge an Lithium-Batterien auf dem Frachtbrief oder anderen Frachtdokumenten angeben.
2) Wenn immer möglich, sollen die Batterien im "Class C" Frachtraum geladen werden (im vorderen Frachtraum).
3) Prüfen der Dokumente über erfolgte Schulung, Verladung und Kommunikation, im Falle eines Brandes an Bord.
4) Die Behandlung von Lithium-Batterien in Übereinstimmung mit den entsprechenden Vorschriften für den Transport von Klasse 9 Gefahrengut.
Weitere Information:
http://www.iata.org/whatwedo/cargo/dgr/Pages/lithium-batteries.aspx
http://www.icao.int/anb/FLS/DangerousGoods/ICAOLithiumBatteryGuidance/ICAOLithiumBatteryGuidance.pdf
Battery fires: keeping the Li-ion caged
Der ausführliche Bericht "The cargo from hell" ist erschienen in: "flightsafety Australia", Issue 79, MAR-APR 2011, Seite 24 - 27.