"Left, left, left, Captain", rief der Copilot in höchster Not, Sekunden bevor die Kenya Airways B737-800, 5Y-KYA, in einem Mangroven-Sumpf aufschlug. Entscheidend waren die letzten 90 Sekunden bis zum Absturz.
Am 05. Mai 2007 rollt um 01.00 Uhr nachts die Kenya Airways B737-800, 5Y-KYA, zum Start auf dem Flughafen von Douala, Kamerun. Gewitter und Starkregen haben den Start um 1 Stunde verzögert, jetzt nimmt sie Fahrt auf und hebt ab. Das Flugzeug war aus Abidjan, Elfenbeinküste, gekommen und sollte nach kurzem Aufenthalt Richtung Nairobi, Kenia, weiterfliegen. Während des Rollens erhielt der Copilot die Streckenfreigabe: direkt nach Nairobi auf Flugfläche 370.
Bevor der Copilot die Startfreigabe erfragen konnte, äußerte der Captain den Wunsch, nach dem Start den Steuerkurs leicht nach rechts zu ändern, wegen der vor ihnen liegenden Gewitter. Der Captain wartete nicht auf die Startfreigabe durch die Flugsicherung, sondern startete ohne Erlaubnis mit 5 Grad Startklappen. Nach dem Abheben drehte die Maschine leicht nach rechts, doch der Captain korrigierte mit dem Querruder. Beim Erreichen von 1000 ft Flughöhe rief der Captain: “Heading select“, und der Copilot antwortete : “Select checked“, davon ausgehend, dass der Captain den Steuerkurs selbst eingedreht hatte.
Während der folgenden 55 Sekunden erfolgte keine Steuereingabe. Vielleicht waren die Piloten durch das Wetterradar abgelenkt, denn vor ihnen lagen die Gewitter, aber in jedem Fall war der Autopilot nicht aktiviert. Das Flugzeug drehte weiter leicht nach rechts, ganz im Sinne des Captains. Gleichzeitig nahmen die Abweichungen des Nickwinkels (pitch) und der Geschwindigkeit zu, aber der Copilot machte keine Ansagen!
Kurze Zeit später rief der Captain : “OK, command“, um seinen Autopiloten einzuschalten. Der Copilot bestätigte diese Ansage nicht, und es gab keine entsprechende Flight Mode Anzeige. Auch das Verhalten des Flugzeuges deutete nicht auf die Aktivierung hin. Es lässt sich nicht ausschließen, dass der Captain den Autopiloten aktiviert hatte, aber zur gleichen Zeit zufällig gegen das Steuerhorn drückte und damit den Autopiloten unbeabsichtigt deaktivierte.
Beim Durchgang durch 2400 ft mit 180 kt änderten die Piloten die vorgeschriebene Höhenmesser Einstellung, ohne jedoch die anderen Flug-Parameter zu beachten, die deutlich sichtbar auf dem ADI (Attitude Director Indicator = Fluglageanzeiger) angezeigt wurden.
Der Captain reagierte erstaunt, als bei 35 Grad rechter Seitenneigung (bank angle) eine Warnung ertönte. Er drehte das Steuerhorn nach rechts und vergrößerte damit die Seitenneigung erheblich. Anschließend aktivierte er den Autopiloten (Command A). Bei 50 Grad stabilisierte sich die Seitenneigung. Doch der Captain bewegte das Steuerhorn weiterhin nach rechts, gab zusätzlich rechtes Seitenruder und verstärkte dadurch die Seitenneigung. Er rief: "We are crashing“ und unerklärlicherweise verstärkte er gleichzeitig den rechten Seitenruder Input .
Als die Seitenneigung (bank angle) 90 Grad erreichte, ging die Nase steil nach unten und die Maschine in den Spiralsturz. Der Copilot rief dem Captain zu, das Flugzeug mit Rechtssteuerung in die Normalfluglage zu bringen (was völlig falsch war), doch dann erkannte er offensichtlich in höchster Not das falsche Kommando und korrigierte sich: “Left, left, left, Captain!“.
Der Flugdatenschreiber zeigt zu diesem Zeitpunkt die „verquere und brisante Situation“, hervorgerufen durch gegensätzliche Steuereingaben: der Captain versuchte rechtes Querruder und gezogenes Höhenruder einzugeben, der Copilot versuchte linkes Querruder und gedrücktes Höhenruder einzugeben. Der Versuch des Copiloten wäre richtig gewesen, kam jedoch zu spät, die Maschine schlug in einem Mangrovensumpf nahe des Flughafens auf. Alle 114 Personen an Bord wurden tödlich verletzt.
Der Originalbericht „A Dark and Stormy Night – And 90 Seconds to Disaster“ von Macarthur Job ist in „Flight Safety Australia“, Issue 80, May-Jun 2011, erschienen.