Immer wieder kommt es vor, dass Wirbelstürme und Tornados als ähnliche Erscheinungen angesehen werden. Deshalb werden in diesem Artikel Wirbelstürme und Tornados gegenüber gestellt und die fundamentalen Unterschiede beschrieben.
Wirbelstürme - die größten Kraftmaschinen der Welt
Mit dem Wort "Wirbelsturm" werden die riesigen Wolkenwirbel über den tropischen Ozeanen bezeichnet. In der Karibik und im östlichen Pazifik nennt man sie "Hurrikan", im westlichen und zentralen Pazifik "Taifun", bei den Philippinen heißt so ein Wirbelsturm bei den Einheimischen "Baguio" und im Indischen Ozean und um Australien "Zyklon".
Wirbelstürme sind riesige Wolkenwirbel mit einem Durchmesser zwischen 500 und 1000 km, einem tiefsten Druck von etwa 980 bis 960 hPa, einem gleichmäßigen Wind von mindestens 118 km/h und einem meist 20 bis 40 km breiten wolkenfreien "Auge" im Zentrum der Wolkenspirale. Das Auge wird von dem sogenannten "eye wall" begrenzt, einem Ring mit den heftigsten Gewittern, stärksten Regenfällen zwischen 50 und 200 cm pro Tag (!!) und höchsten Windgeschwindigkeiten. Die Wirbelstürme werden nach der sogenannten Saffir-Simpson-Skala in 5 Kategorien eingeteilt.
Es ist immer wieder faszinierend, wie die Natur diese "schönen Bestien" entstehen lässt! Voraussetzung ist mindestens 26,5 °C warmes Wasser, um durch die hohe Verdunstung den nötigen "Treibstoff" für die riesigen Rotationen zu liefern. Außerdem muss der "Coriolis-Effekt" vorhanden sein, damit die Luft überhaupt in eine spiralförmige Drehbewegung gelangt. Deshalb gibt es direkt am Äquator keine Wirbelstürme, da dort der "Coriolis-Effekt" gleich Null ist.
Zunächst müssen durch eine Initialzündung riesige konvektive Systeme in Form von Cumulonimbus-Wolken entstehen. Die Westküste Afrikas ist Z.B. ein solcher "Geburtsort" für riesige Wolkentürme. Wenn es diese Wolken dann schaffen mit den Passatwinden über das noch kalte Wasser des Ostatlantiks zu ziehen und das warme Wasser im Westatlantik zu erreichen, entsteht zunächst einmal ein ganz normales Tief.
Im Babyalter strömen die Luftmassen schon spiralförmig in das Zentrum der stärksten Konvektion. Die Wolkentürme wachsen zusammen und bilden sogenannte "Wolkencluster", die aus 50 bis 100 Gewitterwolken bestehen. Dabei nehmen sie riesige Mengen Wasserdampf auf und setzen die latente Wärme bei der Kondensation in fühlbare Wärme um. Dieser selbstverstärkende Prozeß führt zu einer Beschleunigung der rotierenden Luftmassen. Aus einer tropischen Störung wird zunächst ein tropischer Sturm und bei Erreichen der Orkangeschwindigkeit von 118 km/h wird dann ein T1-Hurrikan, Taifun oder Zyklon.
Innerhalb des rotierenden Gebietes schießen die Wolkenmasse in die Höhe und fließen in 12 bis 16 km Höhe auseinander. Dadurch wird das Zentrum förmlich leergepumpt. Damit der Luftdruck am Boden nicht zu sehr sinkt, wird im Zentrum durch Absinken der Luft ein Gleichgewicht hergestellt. Da sich beim Absinken die Luft erwärmt und sich die Wolken auflösen, entsteht so das Auge des Wirbelsturms.
Was bei diesem faszinierenden Schauspiel an Energie umgesetzt wird, soll ein Beispiel verdeutlichen. Nehmen wir an, dass der Ring mit den heftigsten Gewittern 40 km breit sei und dort im Durchschnitt an einem Tag 1000 mm fallen oder 1000 Liter auf jeden Quadratmeter. Allein durch die latente Wärme wird so an einem Tag eine Energiemenge von etwa 1012 kWh frei. Das entspricht dem Weltstromverbrauch eines ganzen Jahres! Rechnet man noch hinzu, dass es mehrere Ringe mit Regenwolken gibt und auch noch viel Energie in den Wolkentöpfchen steckt, dann kann man davon ausgehen, dass in einem normalen Wirbelsturm jeden Tag 6*1212 und 18*1012 kWh an latenter Wärme frei werden.
Obwohl die hohen Windgeschwindigkeiten große Zerstörungen verursachen können, wie das bei Andrew der Fall war, der am 24. Aug. 1992 mit 266 km/h über Südflorida hinwegfegte, werden die meisten Schäden durch Überflutung, hohe See und riesige Wellen hervorgerufen.
Diese riesigen Kraftmaschinen verlieren sehr schnell an Intensität, wenn die Hauptenergiequelle versiegt, nämlich die Aufnahme latenter Wärme. Das ist der Fall, wenn sieauf das Festland ziehen. Da gleichzeitig die Reibung über Land höher ist, wandelt sich ein Wirbelsturm zum Glück für die Bewohner der betroffenen Landstriche sehr schnell in ein normales Tiefdrucksystem, allerdings mit beträchtlichen Regenmengen.
Ziehen Hurrikans an der Ostküste Nordamerikas nach Norden, schwächen sie sich über dem kälter werdenden Wasser des Atlantiks rasch ab, ziehen als ganz normale Tiefs mit den vorherrschenden Westwinden über den Atlantik und können so auch zu uns nach Mitteleuropa gelangen.
Tornados - der Hölle nahe
Ein Tornado ist ebenfalls ein sehr schnell rotierender Luftwirbel, hat aber meist nur einen Durchmesser von 100 bis 600 m. Die Lebensdauer beträgt häufig nur wenige Minuten und dabei legt ein Tornado meist 5 bis 7 km zurück. Neben diesen ganz anderen Größenordnungen ist es aber der Entstehungsprozeß, der einen Tornado von einem Wirbelsturm unterscheidet. Während der Wirbelsturm seine Energie aus dem Verdunsten des warmen Wassers nimmt, wird ein Tornado durch das explosionsartige Wachsen einer Gewitterwolke ausgelöst.
Tornados werden in vielen Gegenden der Welt beobachtet, aber bei weitem nicht so häufig wie in der Tornado-Allee, die sich von Nord Texas über Oklahoma und Kansas bis nach Nebraska erstreckt. Das liegt an den natürlichen Gegebenheiten:
- der Golf von Mexiko ist ein Reservoir sehr warmer und feuchter Luft und stellt somit einen beträchtlichen Energievorrat dar.
- die Bergkette im Westen von der Sierra Madre bis zu den Rocky Mountains stellt ein riesiges Hindernis in der vorherrschenden Westwindströmung dar und begünstigt dadurch die Tiefdruckbildung über den riesigen Weiten des Mittleren Westens der USA.
- Kalte Luft, die vom Pazifik über die Bergkette strömt, sinkt im Lee der Berge und trocknet dabei durch Föhneffekt stark aus. Dadurch wird der Gegensatz zur feuchtwarmen Luft aus dem Golf größer. Je größer die Gegesätze um so intensiver die Wettererscheinungen.
Wenn ein Tief östlich der Berge über den Great Planes entsteht, saugt es auf der Vorderseite die energiereiche feuchtwarme Luft aus dem Golf an. Die kalte Luft, die in der Höhe über die Berge strömt, sinktab, trocknet aus und legt sich in 1500 bis 3000 m Höhe über die warme Luft und verhindert durch das Absinken wie der Deckel eines Schnellkochtopfes das Aufsteigen der warmen Luft. Irgendwann hält der "Deckel" nicht mehr und explosionsartig schießt die energiereiche feuchtwarme Luft in die Höhe. Es entstehen riesige Gewittertürme, die aus mehreren einzelnen Gewitterzellen bestehen und ein Gebiet von der Größe Süddeutschlands überdecken können.
Trockenkalte und feuchtwarme Luft beginnen zu rotieren und aus diesen Gegensätzen wird die Energie frei für das Entstehen von Tornados. Meist geschieht das im Südwest Quadranten einer Gewitterzelle. Im Satellitenbild oder auf dem Radarschirm ist dann häufig eine hakenförmige Ausbuchtung der Bewölkung zu sehen. Deshalb wird diese Erscheinung auch "hook" genannt.
Die meisten der 1300 bis 1800 Tornados, die jedes Jahr die USA heimsuchen, leben nicht lange und sorgen nicht für extreme Schäden, über die dann in den Medien berichtet wird. Doch manchmal ist die Energie so gewaltig, dass Gewitterwolken über die Tropopause in die Stratosphäre schießen und wie eine Kuppel über die anderen Wolken ragen. Dieses "overshooting" geschieht in sogenannten "supercells" und lässt die gefährlichsten Tornados entstehen, die mehr als eine Stunde mit unwirklichem Getöse toben und dabei mit 300 bis 500 km/h rotieren können. Theoretisch sind Geschwindigkeiten bis 880 km/h möglich! Die höchste je am Erdboden registrierte Geschwindigkeit wurde am 3. Mai beim sogenannten Oklahoma-Tornado mit einem Doppler-Radar gemessen und betrug 496 (+/- 33) km/h.
Die zerstörerische Kraft resultiert aus dem enormen Winddruck. Da die Energie mit dem Quadrat der Geschwindigkeit zunimmt, werden bei solch unvorstellbaren Geschwindigkeiten Häuser einfach weggeblasen. Autos werden hoch geschleudert und krachen einige hundert Meter entfernt auf den Boden. Selbst kleine Holzsplitter werden zu Geschossen. Ein Getreidehalm durchschlug den Hals eines Mannes; zum Glück konnte er noch gerettet werden.