Der Cumulonimbus (Cb) ist wegen seiner Auswirkungen auf die Fliegerei eine der gefährlichsten Erscheinungen im Wettergeschehen. In diesem und den folgenden Teilen soll das Verständnis für die physikalischen Prozesse in der Atmosphäre gefördert werden.
Das Fliegen in der Umgebung eines Cb und erst recht innerhalb der Wolke kann fatale Folgen haben:
- Blitzschlag kann zum Ausfall von Instrumenten führen (trotz "Faraday Käfig").
- Hagel kann Zelle und Triebwerke beschädigen.
- Starke Turbulenz kann das Flugzeug außer Kontrolle geraten lassen.
- Abwinde und Starkregen können die Landung gefährden.
Jede dieser gefährlichen Erscheinungen kann schon alleine den Flug gefährden. Doch bei einem Cb treten meist mehrere Erscheinungen gleichzeitig auf, die sich kaskadenartig zur Katastrophe aufschaukeln können. (Wahrscheinlich war eine solche Kombination die Ursache für den Absturz der Air France Maschine AF447 am 1. Juni 2009 über dem Atlantik.) Deshalb wird nicht nur das Entstehen dieser mächtigen Wolke beschrieben, sondern auch erklärt, wie sich Wolken generell bilden und wie sich der Klimawandel schon im Erscheinungsbild dieser Wolke bemerkbar macht.
Die Sonne - der Energielieferant
Die Sonne ist ein riesiger Fusionsreaktor. Anders als in unseren Atomkraftwerken, wo große, schwere Atome in kleinere gespalten werden, verschmelzen im Innern der Sonne leichte Wasserstoffatome über mehrere Zwischenschritte zu schwereren Heliumatomen. Das Prinzip aber ist in beiden Fällen gleich. Sowohl bei der Kernspaltung als auch bei der Kernfusion sind die Endprodukte leichter als die Ausgangsprodukte.
Und dieser Verlust an Masse hat sich nach der berühmten Formel von Einstein E = m x c2 in die unvorstellbar riesige Energiemenge von 3,7 x 1026 Watt verwandelt. Davon erhält die Erde zwar nur ein Zweimilliardstel, doch das immer noch so viel, dass innerhalb von 3 Minuten der Weltenergiebedarf eines Jahres gedeckt werden würde.
Die Advektion - der horizontale Energietransport
Nun wird die Energie aber nicht gleichmäßig auf unserem Globus angeliefert. Der "dicke Bauch" am Äquator streckt sich der Sonne entgegen und deshalb steht dort die Sonne mittags immer höher am Himmel als bei uns selbst am 21. Juni, dem Sonnenhöchststand.
Die beiden Polgebiete werden dagegen - je nach Jahreszeit - mehr oder weniger stark vernachlässigt. In unserem Winterhalbjahr scheint am Nordpol die Sonne überhaupt nicht. Aber auch im Sommerhalbjahr, wenn am Nordpol die Sonne überhaupt nicht untergeht, wird es dort nicht sehr warm, weil die Sonne nur wenig über den Horizont steigt und deshalb das Energieangebot pro Flächeneinheit gering bleibt.
Während also im äquatorialen Bereich ein ständiger Energieüberschuss vorhanden ist, leiden die Polgebiete unter Energiemangel. Und dieser Unterschied wird nun durch zwei Transportsysteme verringert: die Luft- und die Wasserströmung verfrachten tagein, tagaus riesige Energiemengen Richtung Pol. Dieser horizontale Transport von Energie wird Advektion genannt. Welche Bedeutung dieser Prozeß für das Wettergeschehen hat, wird in späteren Artikeln erläutert.
Die Wärmeleitung - der vertikale Energietransport startet
Wie Sie alle aus Erfahrung wissen, wird die Luft nicht direkt von der Sonne erwärmt, sondern auf dem Umweg über die Erdoberfläche. Nun erreicht aber nicht die gesamte Sonnenenergie bei ihrem Weg durch die Atmosphäre die Erdoberfläche. Wenn wir den Betrag der Sonnenenergie, der an der Oberfgrenze der Atmosphäre ankommt, gleich 100 setzen, dann werden vom Erdboden, den Wolken und der Atmosphäre gleich wieder 30 Einheiten in den Weltraum zurückgeworfen. Dieses Reflexionsvermögen von Stoffen wird Albedo genannt. Die Albedo der Erde beträgt also 30%. Wolken und Atmosphäre absorbieren im Mittel 19 Anteile, sodass für die Erdoberfläche noch 51 Anteile übrig bleiben.
Was passiert nun mit diesen 51% der Sonnenenergie? Im Sommer kann es qualvoll sein, barfuss über felsigen Boden zu laufen. Dieser direkte Kontakt und das Flimmern über einer Teerstraße zeigen, dass es noch andere Transportsysteme geben muss als reine Strahlung. Dazu schauen wir uns an, was im Laufe eines Tages passiert. Kaum ist die Sonne aufgegangen, beginnt sie die Erdoberfläche aufzuheizen. Dieser lapidare Satz beinhaltet eine solche Vielfalt physikalischer Prozesse, dass selbst die leistungsstärksten Supercomputer nicht in der Lage sind, diese komplexen Vorgänge im Detail zu berechnen.
Die Erdoberfläche besteht aus Wasser und Land; das Land selber aus Bergen und Tälern, bewachsen und unbewachsen, Gebäuden und Grasflächen, hohen Bäumen und niedrigem Gestrüpp, hellem Sand und dunkler Erde. Im Winter sind viele Felder mit Schnee bedeckt (ab und zu wenigstens noch), im Frühjahr sprießt das Getreide, im Sommer wieden sich die Ähren im Wind und im Herbst liegen die Felder abgeerntet da.
Doch wie auch immer die Erdoberfläche beschaffen ist, der Energietransport beginnt im Kleinen, nämlich bei den Molekülen. Der Sonnenstrahl trifft auf ein Molekül, das einen bestimmten Energiebetrag aufnimmt, den in Bewegungsenergie umwandelt und somit schneller zittert. Dabei schubst es die benachbarten Moleküle, sodass auch die schneller zittern.
Wie schnell dabei Energie transportiert wird, d.h. wie groß die Wärmeleitung ist, hängt von der Anordnung der Moleküle ab. Feste Stoffe, wie z.B. Metalle, sind gute Wärmeleiter. Luft ist dagegen ein schlechter Wärmeleiter. Deshalb enthalten die meisten Isolierstoffe viele Lufteinschlüsse. Wenn Wärmeleitung das einzige Energie-Transportmittel wäre, würde sich die Erdoberfläche tagsüber um etwa 200°C aufheizen! Zum Glück existieren in der Luft andere Transportsysteme, die wesentlich schneller arbeiten. Und die stelle ich Ihnen im nächsten Teil vor.